Kompetenz & Kundenservice

Cadmium Stoffverbot

Stoffverbot von Cadmium durch REACh-Verordnung?

Cadmium (CAS Nr. 7440-43-9) wird als „sehr giftig“ eingestuft, seine Verbindungen gelten als „gesundheitsschädlich“. Bereits seit Juli 2003 dürfen nach der so genannten EU-Altautoverordnung („Richtlinie 2000/53/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 18. September 2000 über Altfahrzeuge“) in Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t keine Schwermetalle mehr enthalten sein. Dazu zählen Blei, Quecksilber, Chrom VI und Cadmium. Mit einer weiteren Verordnung („Richtlinie 2002/95/EG [RoHS] des Europäischen Parlaments

und des Rates vom 27. Januar 2003 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten“; Neufassung: Richtlinie 2011/65/EU [RoHS 2] vom 08. Juni 2011) wird das Schwermetallverbot ab dem 1. Juli 2006 auch auf elektrische und elektronische Geräte ausgedehnt. Dazu zählen insbesondere Haushaltsgroß- und -Kleingeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik, Beleuchtungskörper, Elektrowerkzeuge und elektrisches Spielzeug. Der Einsatz von Cadmium und cadmiumhaltigen Legierungen ist in diesen Bereichen endgültig verboten.

Chemikaliengesetzgebung in der EU

Chemikalien sind überall. Sie kommen in allen Warenbereichen zum Einsatz, ob für technische Geräte, Kleidung, Reinigung oder Lebensmittelproduktion. Chemikalien spielen eine wichtige Rolle in unserer Ökonomie und haben einen direkten Einfluss auf alle Bereiche unseres täglichen Lebens und die gesamte Umwelt. Diese Auswirkungen halten sich nicht an Grenzen, sie sind überall spürbar, weltweit und allumfassend. Längst nicht alle Auswirkungen von Chemikalien auf uns und unsere Umwelt sind hinreichend bekannt und erforscht. Viele Stoffe wurden zwischenzeitlich sogar verboten, oder ihre Verwendung mit hohen Auflagen versehen. Weltweit sind die Gesetzgeber gefordert, hier tätig zu werden. Doch in der Praxis ziehen unterschiedliche Länder immer wieder unterschiedliche Konsequenzen – oder gar keine. Um diesem unhaltbaren Zustand entgegen zu wirken wurde im Jahr 2007 in Helsinki (Finnland) die „European Chemicals Agency“ (ECHA) gegründet. Ihr Auftrag ist eindeutig formuliert: „Die ECHA ist bei der Umsetzung der bahnbrechenden Chemikaliengesetzgebung der EU im Interesse der Gesundheit des Menschen und der Umwelt sowie im Hinblick auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit die Antriebskraft unter den Regulierungsbehörden. Die ECHA unterstützt Unternehmen bei der Erfüllung der Rechtsvorschriften, bringt die sichere Verwendung von Chemikalien voran, stellt Informationen über Chemikalien zur Verfügung und nimmt besorgniserregende Chemikalien in Angriff.“ Langfristig strebt die ECHA an, „zur weltweit führenden Regulierungsbehörde für die Sicherheit von Chemikalien zu werden.“(1)

Die REACh-Verordnung

Basis für die Arbeit von ECHA sind verschiedene Verordnungen, welche durch die Europäische Union (EU) erlassen wurden. Eine davon ist die „Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACh)", welche am 1. Juni 2007 in Kraft getreten ist. Der Name steht für Registration, Evaluation, Authorisation und Restriction of Chemicals, also für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. Ziel der Verordnung ist es, „den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den Risiken, die durch Chemikalien entstehen können, zu verbessern und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in der EU zu erhöhen. Darüber hinaus fördert sie Alternativmethoden zur Ermittlung schädlicher Wirkungen von Stoffen, um die Anzahl von Tierversuchen zu verringern.“(2)

Bahnbrechend an dieser Verordnung ist, dass mit ihr die Dokumentations- und Beweispflicht über Chemikalien auf die Industrie übertragen wurde. Nach dem vorher gültigen Chemikalienrecht war es Aufgabe der Behörden, die Sicherheit von Chemikalien zu prüfen. Problematisch daran war, dass über die meisten Chemikalien, die vor 1981 auf dem europäischen Markt waren, keine systematisch erhobenen Informationen vorlagen. Die Industrie war erst auf gezielte Anfragen der Behörden hin zur Herausgabe von entsprechenden Informationen verpflichtet. Mit REACh ist nun jeder Hersteller oder Importeur, der ein Produkt in Europa auf den Markt bringen möchte verpflichtet, mit der obligatorischen Registrierung alle relevanten Daten vorzulegen und die von den Chemikalien ausgehenden Risiken selbst zu bewerten. Es gilt der Grundsatz „Keine Daten – Kein Markt“. Damit ist REACh eines der modernsten und zugleich auch strengsten Chemikaliengesetze.

Liste der „besonders besorgniserregenden Stoffe“ – SVHC-Kandidatenliste

Alle Daten zu Eigenschaften der Chemikalien und ihren Wechselwirkungen mit der Umwelt werden zentral bei der ECHA gesammelt. Derzeit unterliegen chemische Stoffe in der EU mit wenigen Ausnahmen (z.B. Pestizide) keiner Zulassungspflicht. Die REACh-Verordnung fordert nun unter anderem eine Zulassungspflicht für „besonders besorgniserregende Stoffe“, sog. SVHC (Substance of Very High Concern).

Zu gefährlichen oder besorgniserregenden Stoffen zählen Chemikalien, welche eines oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllen:

  • krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend oder
  • giftig und langlebig in der Umwelt und in Organismen anreichernd oder
  • sehr langlebig in der Umwelt und sehr stark in Organismen anreichernd oder
  • ähnlich besorgniserregende Eigenschaften (z.B. hormonelle Wirkung)

Dabei ist immer der gesamte Lebenszyklus des Stoffes zu betrachten, von der Herstellung über den Gebrauch bis hin zur Entsorgung. Chemikalien, welche als besonders besorgniserregend identifiziert wurden, werden in die SVHC-Kandidatenliste aufgenommen. Ziel ist es langfristig, diese Stoffe durch weniger besorgniserregende Stoffe zu ersetzen. Ist dies zum Prüfungszeitpunkt nicht möglich, so kann eine zeitlich begrenzte Zulassung erteilt werden. ECHA fungiert hier nicht als Auskunftsdatei. Vielmehr werden Kontakte vermittelt zwischen Herstellern oder Importeuren, welche denselben Stoff anmelden wollen. Diese finden sich zusammen zu länderübergreifenden Arbeitskreisen, welche an der detaillierten Datensammlung arbeiten.

Rechtliche Konsequenzen

Die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe wird regelmäßig zweimal pro Jahr aktualisiert und auf der Internetpräsenz der ECHA veröffentlicht (Link zur aktuellen SVHC-Liste). Nach Ende der Registrierungsfrist, welche in unterschiedlichen Stufen bis 1. Juni 2018 in Kraft tritt, beginnt die Prüfungsphase. Wie oben bereits beschrieben werden die Chemikalien, welche auf die Liste aufgenommen werden, einer besonderen Prüfung unterzogen mit dem Ziel, alle Stoffe aus der Liste durch weniger besorgniserregende Stoffe zu ersetzen. Werden keine Substitute gefunden, so ist eine Ausnahmeregelung möglich, welche meist auf wenige Jahre befristet ist. Nach Ablauf der Frist erfolgt eine erneute Prüfung auf Ersatzwerkstoffe.

Ist der Stoff in die Liste aufgenommen, besteht gemäß Artikel 33 der REACh-Verordnung innerhalb von 45 Tagen nach einer Anfrage eine kostenlose Informationspflicht durch den Händler, Hersteller oder Importeur. Diese gilt, sobald die Konzentration des jeweiligen Stoffes im Endprodukt 0,1 Massenprozent überschreitet. (Ausgenommen von dieser Auskunftspflicht sind Bereiche, die bereits gesonderten Regelungen unterliegen).

Zunächst dürfen alle betroffenen Produkte weiter vertrieben werden, es müssen jedoch die besonders besorgniserregenden Stoffe deklariert werden, es besteht also Deklarations- bzw. Informationspflicht. Wird gegen diese Pflichten verstoßen, so droht gemäß Chemikaliensanktionsverordnung länderabhängig eine Strafe. In Deutschland liegt die Kontrolle bei den Gewerbeaufsichtsämtern, hier droht ggf. ein Ordnungsgeld bis hin zur Einstufung als Straftatbestand.

Wirtschaftliche Konsequenzen

Die rechtlichen Konsequenzen, die die Aufnahme einer Chemikalie auf die SVHC-Kandidatenliste nach sich ziehen, sind noch sehr überschaubar. Doch die wirtschaftlichen Konsequenzen im Allgemeinen sind nicht zu unterschätzen. Besonders in der Textilindustrie war zu beobachten, dass unter anderem führende Umwelt- und Verbraucherorganisationen einen großen Einfluss auf den Markt haben. Über Gutachten und Medienkampagnen kann das Verbraucherverhalten derart beeinflusst werden, dass der Verkauf von belasteten Produkten kaum mehr wirtschaftlich möglich ist.

Wurde ein Stoff einmal als „besonders besorgniserregend“ eingestuft, so besteht latent die Gefahr, dass er tatsächlich einmal verboten wird. Entweder bereits als Folge der ersten Prüfung, oder – wenn er zunächst noch eine Ausnahmegenehmigung erhalten hat – mit jeder weiteren Nachprüfung. Dann muss auf jeden Fall ein Ersatzwerkstoff eingesetzt werden. Doch gerade in industriellen Produktionsprozessen benötigen Suche und Einsatz eines Alternativwerkstoffes oft einen langwierigen Entwicklungsvorlauf. Daran schließen sich dann nochmals zeitaufwändige Zulassungsverfahren zwischen Kunden und Lieferanten an. Insgesamt bedeutet dies also nicht nur finanziell, sondern auch zeitlich einen erheblichen Aufwand.

Empfehlungen

Im Juni 2013 wurde Cadmium in die SVHC-Kandidatenliste aufgenommen. Damit ist das Ziel klar definiert: von Seiten der ECHA wird generell die Substitution von Cadmium in allen Anwendungsbereichen angestrebt.

Lange Zeit wurden cadmiumhaltige Legierungen wegen ihrer besonderen mechanischen Belastbarkeit vielfach für elektrische Leiter und daraus produzierte Kabel eingesetzt. LEONI hat schon früh die Verantwortung gegenüber der Umwelt übernommen und mit der Entwicklung von Ersatzwerkstoffen für cadmiumhaltige Legierungen begonnen. Bereits in 2006 wurde LEONI Histral® H88 vorgestellt, 2010 kam H85 dazu, beides cadmium-freie Alternativen für Drähte und Litzen mit hervorragenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften. Wenn Sie noch cadmiumhaltige Legierungen im Einsatz haben, so sollten Sie jetzt beginnen, nach einer Alternative zu suchen! Materialsuche, Abstimmung, Testläufe und nicht zuletzt die Produktqualifizierung benötigen viel Zeit. Noch steht diese Zeit zur Verfügung, noch darf Cadmium in eng gesteckten Rahmen verwendet werden. Doch schon heute haben wir mit unserer LEONI Histral®-Familie eine große Palette an Substitutions-Möglichkeiten zur Verfügung, welche wir stetig erweitern.

Verwandte Themen auf unserer Website

Anwendungen

Kontakt

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Kontakt

Sprachen